ORTE-Temple

Aufenhaltsorte ~ Revolution
Der Temple

Tempel-Turm mit dem Großen Turm und dem Kleinen Turm



Der Temple-Komplex bestand aus dem Palais du Temple, dem Hauptturm ("Großer Turm"), dem "Kleinen Turm" (auch "Tour de César" genannt) sowie dem Jardin du Temple und einer Temple-Kirche.

Ab 1291 ließen sich hier erstmals die Großmeister des Templerordens nieder.
Nach der Zerschlagung des Templerordens im 14. Jahrhundert durch König Philipp den Schönen, gab dieser den Gebäudekomplex in den Besitz des Malteserordens (frz.: L’ordre souverain militaire hospitalier de Saint-Jean de Jérusalem, de Rhodes et de Malte).
Der Orden hatte bis 1791 die Hoheit über dieses Gebiet.

Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts entwickelte sich im Temple-Komplex ein reges Stadtleben. Der Temple wurde damit zu einer Stadt in der Stadt.

Übersicht über den Temple-Komplex um 1734 (1882, Théodor-Joseph-Hubert Hoffbauer)

Verantwortlich für den Temple war stets der aktuelle Großprior.
Nach Jean Philippe François d’Orléans, dem Chevalier d'Orléans (1702-1748), und Louis François I. de Bourbon, dem Prince de Conti (1717-1776), wurde im Jahre 1776 der erst ein-jährige Duc d'Angoulême (Sohn des Comte d'Artois) neuer - und letzter - Großprior des Ordens.
Sein Vater, der  Bruder des Königs, nutzte fortan das Palais du Temple als seine Pariser Residenz.

 
Querschnitt der beiden Türme



Das Palais du Temple


*** Daten folgen***


Die Königliche Familie wurde am 13.08.1792 in den Temple überführt.
Die Kutsche hält hier vor dem Palais du Temple.



Der Kleine Turm


König Louis XVI. und seine Familie waren seit dem 13.08.1792 im kleinen Temple-Turm untergebracht.
Dieser war an den Großen Turm angebaut, allerdings ohne eine gemeinsame Verbindung im Innern, und bildete ein Rechteck mit zwei kleinen seitlichen Türmen.
In einem der Türmchen des Kleinen Turms führte eine kleine Wendeltreppe vom ersten Stock zu einer Galerie auf der Plattform.
Das zweite Türmchen beinhielt in jedem Stockwerk Kammern.

Das eigentliche Gebäude des Kleinen Turms hatte neben dem Erdgeschoss vier Etagen:

Im Erdgeschoss befanden sich Küchen, die jedoch während des Aufenthalts der Königsfamilie unbenutzt blieben.

Die 1. Etage beherbergte ein Vorzimmer, ein Speisezimmer sowie eine Bibliothek mit 1.200 bis 1.500 Büchern.
Zudem waren die drei femmes de chambre Mme Bazire, Mme Navarre und Mme Thibaud hier untergebracht.

Die 2. Etage hatte ungefähr den gleichen Grundriss wie die 1. Etage.
Hier befand sich im größten Zimmer das Schlafzimmer von Königin Marie Antoinette und des Dauphins Louis-Charles (C).
Vom Zimmer der Königin führte ein kleines dunkles Vorzimmer (B) zum Schlafzimmer der Mme Royale und der Mme Elisabeth (D).
Von diesem zweiten Schlafzimmer gelangte man in die einzige Toilette (im Türmchen) des Gebäudes. Man musste also das Zimmer von Mme Royale und Mme Elisabeth durchqueren, um das Toilettenzimmer betreten zu können - die Toilette wurde von der Königsfamilie, aber auch von den Kommissaren und Soldaten des Temples benutzt !

 
Grundriss der 2. Etage

Bis zum 19.08.1792 waren zudem die Princesse de Lamballe und Mme de Tourzel in der 2. Etage untergebracht.

Die 3. Etage des Kleinen Turms wurde von König Louis XVI. bewohnt.
Im großen Zimmer schlief der König (C). Die benachbarte kleine Kammer im Türmchen (D) diente ihm als Lesekabinett.
Das kleine Gemach neben dem Zimmer des Königs (B) wurde zu Beginn der Inhaftierung von den Mesieurs Huë und de Chamilly bewohnt. Nach deren Verhaftung wenige Tage später, wurde das Zimmer versiegelt.
Hier grenzte die Küche des 3. Stocks an (F).

 
Grundriss der 3. Etage

Die 4. Etage selbst war stets verschlossen.


Alltag im Kleinen Turm


Die Königliche Familie war vom 13.08.1792 bis 26.09.1792 gemeinsam im Kleinen Turm des Temples untergebracht.

Das erste Essen der Königsfamilie nach der Überführung in den Temple.

Am 26.09.1792 zog der König in den Großen Turm um, seine Familie folgte ihm am 26.10.1792.
Bis auf die Schreckenstage während der Septembermassaker verlief der Alltag der Inhaftierten täglich nahezu außergewöhnlich geregelt:

06:00 Uhr.
Für gewöhnlich stand der König um 6 Uhr morgens auf, rasierte sich selbst und ließ sich von seinem Kammerdiener frisieren und ankleiden.
Anschließend begab sich Louis XVI. ins Lesezimmer - immer beobachtet vom anwesenden Kommissar.
Im Lesezimmer betete der König zwischen fünf bis sechs Minuten lang in knieender Pose und las danach bis etwa 9 Uhr.

Währenddessen brachte sein Kammerdiener Cléry das Schlafzimmer in Ordnung und deckte den Frühstückstisch.
Im Anschluss daran begab sich Cléry in die 2. Etage zur Königin. Diese öffnete er dann die Tür, wenn Cléry davorstand, um zu verhindern, dass bei einem früheren Öffnen der Kommissar in ihr Zimmer eindrang.
Cléry frisierte nun den Dauphin und half danach erst der Königin, dann der Mme Royale und der Mme Elisabeth bei der jeweiligen Morgentoilette.
Diese Dienste ermöglichten es, ungestört Nachrichten mit Cléry auszutauschen und von diesem über Neuigkeiten in Kenntnis gesetzt zu werden.
Hierzu gab Cléry der Königin ein Zeichen, worauf eine der beiden anderen Frauen den Kommissar durch ein Gespräch ablenkte.

09:00 Uhr.
Die Königin, Mme Elisabeth und die beiden Kinder begaben sich stets gegen 9 Uhr zum Frühstück hinauf in die Gemächer des Königs. Während die Herrschaften speisten, brachte Cléry die Räume der Königin in Ordnung, wobei er von den Eheleuten Tison unterstützt wurde.

10:00 Uhr.
Für gewöhnlich ging die Königsfamilie gegen 10 Uhr in die Gemächer der Königin hinunter und verbrachte dort den Tag.
Louis XVI. widmete sich hierbei der Erziehung des Dauphins und unterrichtete den sehr intelligenten Jungen in Literatur und Geographie
Marie Antoinette beschäftigte sich währenddessen mit der Erziehung der Mme Royale.

11:00 Uhr.
Ab etwa 11 Uhr nahmen die Königin und die Prinzesinnen diverse Näh- und Strickarbeiten auf.

12:00 Uhr.
Die drei Damen zogen sich etwa um die Mittagszeit stets in das Zimmer der Mme Elisabeth zurück, um sich umzuziehen. Dies geschah ohne Bewachung.

13:00 Uhr.
Bei schönem Wetter erlaubte man der königlichen Familie um 13 Uhr einen Spaziergang im Garten des Temples.
Hierbei wurden sie von vier Beamten und einem Oberst der Nationalgarde begleitet.
Cléry spielte mit dem Dauphin Ball oder ließ ihn sportliche Übungen machen.

14:00 Uhr.
Gegen 14 Uhr kehrte die Königsfamilie in den Turm zurück, wo Cléry im Esszimmer des Königs für alle das Mittagessen servierte.
Währenddessen inspizierte Santerre, der Oberbefehlshaber der Pariser Nationalgarde, die einzelnen Gemächer.
Nach dem Mittagessen begab sich die königliche Familie erneut in das Zimmer der Königin, wo die Eltern für gewöhnlich eine Partie Piquet oder Trictrac spielten.

16:00 Uhr.
Ab 4 Uhr nachmittags legte sich der König stets für einige Zeit zur Ruhe, während die Damen in seiner Nähe sitzen blieben und Bücher lasen. Während dieser Ruhezeit wurde kein Wort gesprochen, es herrschte absolute Stille.
Erst nachdem S.M. aufgewacht war, wurde die Unterhaltung fortgeführt.
Cléry gab dann - unter den strengen Augen des Königs - dem Dauphin meist Schreibunterricht und spielte anschließend im Zimmer der Mme Elisabeth mit ihm Ball oder Federball.

Am Abend versammelte sich die königliche Familie am Tisch und Marie Antoinette las bis etwa 20:00 Uhr ihren Kindern aus Geschichts- und anderen Unterhaltungsbüchern vor.

20:00 Uhr.
Cléry richtete gegen 20 Uhr im Zimmer der Mme Elisabeth stets das Abendessen für den Kronprinzen an.
In Anwesenheit aller Familienmitglieder sorgte der König dann gern für die Zerstreuung seiner Kinder, indem er ihnen Rätsel aufgab.
Nach dem Abendessen des Dauphins bereitete Cléry diesen für die Schlafenszeit vor. Marie Antoinette ließ ihren Sohn die täglichen Gebete aufsagen und achtete darauf, dass er die Gebete für die verstorbene Princesse de Lamballe und die um Schutz bittenden Gebete für die Mme de Tourzel nur leise spricht, wenn die Kommissare zugegen waren.
Während der abendlichen Toilette des Dauphins tauschten Cléry und die Königin wieder eventuelle Neuigkeiten aus.

21:00 Uhr.
Während der König gegen 9 Uhr aß, blieben Marie Antoinette und Mme Elisabeth abwechselnd beim Dauphin und aßen dort.
Nach dem Abendessen begab sich der König für einige Augenblicke ins Zimmer der Königin, um sich für den Tag von ihr sowie von seiner Schwester und den Kindern zu verabschieden.
Anschließend ging Louis in seine Gemächer hinaus, zog sich ins Kabinett zurück und las bis Mitternacht.

Während der Nacht bewachte einer der Kommissare die Damen - er blieb in dem kleinen Verbindungsraum zwischen dem Zimmer der Königin und dem Zimmer der Mme Royale und der Mme Elisabeth. Ein zweiter Kommissar folgte dem König in dessen Gemächer und trat dort seine Nachtwache an.
Wachablösungen fanden täglich um 11 Uhr, 17 Uhr und 24 Uhr statt.



Der Große Turm


Am 26.09.1792 wurde Louis XVI. im Großen Turm untergebracht. Einen Monat später, am 26.10.1792 zogen auch Marie Antoinette, die Kinder und Mme Elisabeth in den Hauptturm um.

Der Große Turm maß 150 Fuß, hatte ebenfalls vier Etagen, allerdings von einer Größe von je 30 Fuß und mit gewölbten Decken, die in der Mitte von einem dicken Pfeiler getragen wurden.
Der Hauptturm war von quadratischer Form mit je einem Turm an den Ecken. In einem der 4 Türme befand sich die Treppe, von der aus man in alle Stockwerke gelangte.

Im Erdgeschoss hielten sich die Beamten auf und die 1. Etage diente als Wachlokal.

Die Königliche Familie bewohnte hier die 2. und 3. Etage.
Zwar bestand jede Etage aus nur einem Raum, doch mithilfe von Trennwänden wurden jeweils 4 Zimmer geschaffen.

In der 2. Etage befanden sich die Gemächer des Königs und des Dauphins - den Jungen hatte man seit den Umzug in den Hauptturm wohnlich von seiner Mutter, die sehr darunter litt, ihn nur tagsüber sehen zu können.
Der erste Raum - von der Treppe aus gesehen - stellte das Vorzimmer des Königs dar. Von dort aus gelangte man in die restlichen drei Zimmer.
Das Schlafzimmer des Königs befand sich rechts neben dem Vorzimmer. Im Schlafzimmer waren die Betten des Königs und des Dauphins nebeneinander aufgestellt. Das Schlafzimmer war zudem mit einem Kamin ausgestattet - die anderen Zimmer wurden durch einen großen Ofen im Vorzimmer beheizt.
In der dem Schlafzimmer angrenzenden Turmkammer befand sich das Lesekabinett des Königs.
Über einen kleinen Nebenraum gelangte man vom Schlafzimmer des Königs in die Kammer des nächsten Turms, wo sich die Garderobe, ein Abstellraum und eine Toilette befanden.
Dem königlichen Schlafzimmer schloss sich das Zimmer des Kammerdieners Cléry an, von wo aus man ebenfalls in die Garderobe gelangen konnte.
Das vierte Zimmer war schließlich das Esszimmer.
An das Esszimmer grenzte die vierte Turmkammer. Hier wurde u.a. das Brennholz gelagert. Tagsüber wurden dort auch die Feldbetten der Beamten, die nachts den König bewachten, untergestellt.

 
Grundriss der 2. Etage des Großen Turms

Die Trennwände der Zimmer waren allesamt tapeziert. Die Tapete im Vorzimmer zeigte behauene Steine und stellte das Innere eines Gefängnisses dar.
An einer der Türen hing die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte.

Das Mobiliar selbst war das des Palais de Temple.
Das Bett, welches dem König zur Verfügung stand, wurde vor der Revolution vom Gardekapitän des Comte d'Artois verwendet.

Die Königin bewohnte die 3. Etage des Großen Turms.
Die Zimmer waren ähnlich wie die des Königs abgeteilt.
Das Schlafzimmer wurde von Marie Antoinette und ihrer Tochter benutzt und befand sich direkt über dem Schlafzimmer des Königs. Das angrenzende Türmchen diente ihnen als Kabinett.
Mme Elisabeth bewohnte das Zimmer über Monsieur Cléry.
Im Vorzimmer hielten sich stets Beamte auf und im Zimmer, das sich über dem Esszimmer des Königs befand, waren die Eheleute Tison, Bedienstete des Temples, untergebracht.

Die 4. Etage blieb unbewohnt und diente als Getreidespeicher. Dort befand sich hinter den Zinnen jedoch eine Galerie, wo die Königsfamilie hin und wieder spazieren ging.
Blenden waren hier zwischen den Zinnen angebracht, um zu verhindern, dass die Gefangenen hinaussehen oder gesehen werden konnten.


Alltag im Großen Turm


Der Alltag seit dem Umzug in den Hauptturm ähnelte dem bisherigen Alltag im Kleinen Turm:

Der König und der Dauphin wurden täglich gegen 9 Uhr morgens zum Frühstück geholt.

Anschließend machte Cléry der Königin und den Prinzessinnen das Haar.
Während Cléry danach, auf Bitten der Königin hin, der Mme Royale das Frisieren beibrachte, spielte der König entweder mit seiner Frau oder mit seiner Schwester eine Partie Dame oder Schach.

Nach dem Mittagessen zogen sich der Dauphin und seine Schwester ins Vorzimmer zurück und spielten dort Federball oder Murmeln. Mme Elisabeth, die dabei stets anwesend war, las ein Buch.

An den Stunden der Mahlzeiten und der Spaziergänge sowie an den Unterrichtsstunden der Kinder änderte sich ebenfalls nichts.



Die Templer-Kirche


*** Daten folgen ***

Blick auf die Templerkirche 
Plan der Templerkirche um 1856



Die weitere Geschichte des Temples


Nach der Französischen Revolution wurde der Temple zu einer Art Pilgerstätte für Royalisten, die hier dem Schicksal der Königsfamilie gedachten.
Da der Temple-Komplex jedoch nach und nach verfiel, ließ Napoléon Bonaparte 1808 mit dem Abriss der Gebäude beginnen. Die Abrissarbeiten dauerten zwei Jahre an.
Und während man der Stadt Mitte des 19. Jahrhunderts nach und nach ein neues Stadtbild verpasste, welches bis heute erhalten ist, verschwanden die Temple-Ruinen nahezu vollständig. Im Auftrag Napoléons III. wurden die Reste 1860 abgerissen.

Der verschlafen wirkende Square du Temple erinnert heute an den Standort des einstigen Temple-Komplexes. Eine Gedenktafel schildert kurz die Ereignisse, die sich hier während der Frz. Revolution abspielten.
Auch das Rathaus des hiesigen Bezirks befindet sich heute auf diesem Standort.

Unter Bezug auf den ehemaligen Temple-Komplex wurde das 3. Arrondissement, in dem sich der Temple befand, schließlich Arrondissement du Temple genannt.
Das 3. Arrondissement befindet sich im Nordosten des Pariser Stadtkerns und beherbergt berühmte Gebäude wie das Musée Carnavalet, das barocke Hôtel de Rohan-Strasbourg oder das Hôtel de Soubise oder eben geschichtsträchtige Plätze wie die Place des Vosges und den Square du Temple.



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