5-1 Dauphin

Kapitel 5.1:
Der Dauphin de Viennois



Am 03.03.1781 bestätigte Doktor Lassone eine erneute Schwangerschaft der Königin. Das ganze Land war in hellster Aufregung, würde es diesmal der langersehnte Thronfolger werden ?
Dass Madame de Polignac bald darauf ebenfalls schwanger war, freute die Königin besonders, denn sie konnten nun die Schwangerschaften gemeinsam erleben.

Anfang Juni stürzte die Königin unglücklich. Lassone gab zwar Entwarnung, da es dem ungeborenen Kind gut ginge, doch verordnete er Marie Antoinette für mehrere Tage strengste Bettruhe.
Der König war sehr besorgt um das Wohl der Königin und seines Kindes, doch bereits am 10. Juni spürte Marie Antoinette erfreut die ersten Bewegungen im Bauch, so dass man von einem glücklichen Ausgang des Sturzes reden konnte.

Im Juli 1781 reiste Kaiser Joseph II. erneut nach Frankreich. Am 30.07. erreichte er Versailles und verweilte dort bis zum 05.08.1781.
Am 02.08. veranstaltete die Königin ihrem Bruder zu Ehren ein gigantisches privates Fest im Petit Trianon. Es waren nur 236 Personen geladen.
Für die Unterhaltung sorgte eine Vorstellung von Glucks »Iphigenie auf Tauris« im Théâtre de la Reine sowie der illuminierte Parc de Trianon:

Illumination des Pavillon du Belvédère anlässlich des Festes zu Ehren des Kaisers (1781, Claude Louis Châtelet)

Mitte Oktober 1781 wurden die letzten Vorbereitungen für die baldige Niederkunft der Königin getroffen.
Um seine Frau nicht wieder der Erstickungsgefahr auszusetzen, wie es beinahe bei der Geburt von Madame Royale der Fall war, hatte Louis XVI. beschlossen, die Anzahl der anwesenden Zeugen auf die königliche Familie und den Justizminister zu reduzieren. Hofgesellschaft und Öffentlichkeit wurden in die Salons und in die Galerie verbannt.

Nach langen Jahren des Bangens und des Wartens kam dann am 22.10.1781 endlich der langersehnte Thronfolgers zur Welt: Louis Joseph Xavier François de Bourbon.
Die Freude des Königspaares über die Geburt eines Sohnes war unendlich groß und rührte beide zu Tränen. Nie zuvor war der König stolzer auf seine Gemahlin als in diesem Moment des Glücks.

Der 13 Pfund schwere Junge erhielt von seinem Vater den Orden du Saint-Esprit verliehen und wurde sodann seiner Amme, Madame Poitrine, übergeben.
Princesse de Guémenée war bekanntlich die Gouvernante der Königskinder; Untergouvernante des Dauphins wurde Madame de Mackau.

In der Kathedrale Notre-Dame de Paris wurde der Dauphin von Kardinal de Rohan getauft. Die Taufpaten waren Kaiser Joseph II. (vertreten vom Comte de Provence) sowie die Schwester von Louis XVI., Clotilde de Bourbon, Kronprinzessin von Sardinien-Piemont (vertreten von Madame Élisabeth).
In Paris herrschte ungeheurer Jubel, ganz Frankreich feierte.
Nach der Geburt des Dauphins stiftete die überglückliche Königin ein Wöchnerinnen-Hospital, das Hôtel-Dieu.

Die gesamte Königliche Familie, vereint um das Königspaar und den Dauphin, 1781 (unbekannter Künstler)

Madame Royale liebte ihren Bruder abgöttisch und überschüttete das Baby mit Küssen, wenngleich sie allerdings über dessen Größe enttäuscht war: mit so einem kleinen Baby könne man gar nicht spielen.

Antoinette bedauerte es zutiefst, dass ihre Mutter, die Kaiserin, die sich all die Jahre um ihre Tochter in Frankreich sorgte und ihr nichts sehnlicher als einen Thronfolger wünschte, diesen erhabenen Augenblick nicht mehr erleben durfte.

Im November 1781 kehrte der Duc de Lauzun, der sich ebenfalls am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg beteiligte, aus den USA zurück nach Versailles, um das Königspaar über den kürzlichen grandiosen Sieg über die Engländer bei Yorktown zu unterrichten.
Antoinette hoffte nun inständig, dass dieser unsägliche Krieg bald zuende sei und sie den Grafen von Fersen wieder in Versailles begrüßen könne.

Indes gingen in Paris die abartigsten Schmähschriften gegen die junge Mutter um.
Es wurde u.a. behauptet, dass der Duc de Coigny, ein Freund der Königin, der Vater des Dauphins sei.
Der König fand seine tiefbetrübte Frau weinend in ihren Gemächern vor und musste sie trösten.
Überdies kursierte das Gerücht, dass Marie Antoinette nun gekrönt würde - angesichts der schlechten finanziellen Lage Frankreichs, war eine Krönung der Königin jedoch gar nicht vorgesehen.
Man versuchte mit diesen gemeinen Verleumdungen, das Volk gegen seine Königin aufzubringen. Doch momentan war dies angesichts der Euphorie seit der Geburt des Dauphins kaum möglich - Marie Antoinettes Beliebtheit im Volk erreichte ihren Höhepunkt.

Ein Wink des Schicksals war wohl eine Begebenheit, die sich Mitte Januar 1782 abspielte:
Der
 Duc de Chartres, ein Vetter des Königs, sorgte schon sein ganzes Leben lang für Unruhen bei Hofe und in der Königlichen Familie. Hin und wieder verbannte man ihn sogar auf seine Landsitze.
Zu Beginn mochte Antoinette ihn sogar, zumal sie sich sehr gut mit dessen Ehefrau, der Duchesse de Chartres verstand, die ihr ihre Modistin Bertin vorstellte. Auch seine spannenden und illustren Bälle im Palais Royal zogen Antoinette an.
Doch im Laufe der Jahre empfand die Königin den Duc als lasterhaft und verrucht. Er betrog seine arme Frau, die ihn abgöttisch liebte, am laufenden Band und setzte immer neue Hirngespinste in die Realität um. So wurde er sogar zum Vermieter und Ladenbesitzer - ein Prinz Frankreichs !
Er kaufte alle Häuser auf, die das Palais Royal und seinen Garten umgaben - legte sich dafür mit den wütenden Bewohnern an, die nun ihr Obdach verloren - und vermietete die darin neu eingerichteten Geschäfte.
Am meisten wurde jedoch belächelt, dass er 1782 beschloss, die Erziehung seiner Kinder tatsächlich Madame de Genlis anzuvertrauen, die seine Mätresse war !
Für Söhne aus dem Königshaus war es grundsätzlich vorgesehen, diese ab dem sechsten oder siebten Lebensjahr in die Obhut von männlichen Erziehern zu geben.
Doch der Duc, eigensinnig wie er war, schickte sie zusammen mit seinen Töchtern in die Erziehung einer Frau... seiner Mätresse obendrein.

Als er nun seinem Vetter, König Louis XVI., davon berichtete, konnte ihn dieser nur belächeln. Louis XVI. gab dem Duc schließlich zur Antwort: da Frankreich nun einen Thronfolger habe (Antoinettes Sohn Louis-Joseph) und auch der Comte d'Artois über männliche Erben verfüge, brauche der Duc nicht hoffen, dass einer seiner Söhne je auf den Thron käme. Er könne daher mit seinen Söhnen machen, was er wolle.

Welche Ironie des Schicksals !
Der Duc de Chartres, der nach dem Tod seines Vaters 1785 dessen Titel Duc d'Orléans übernahm, während der Französischen Revolution als Philippe Égalité bekannt wurde und seine Stimme zum Todesurteil Louis' XVI. gab, war tatsächlich der Vater eines französischen Königs:
1830 wurde sein ältester Sohn als
 Louis-Philippe I. d'Orléans zum König der Franzosen gewählt...




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