Kapitel 3.4
Unerfüllter Kinderwunsch
All diese ihr teuren Freunde brauchte die Königin im August 1775 dringender denn je, denn am 06.08.1775 brachte die Comtesse d'Artois ihr erstes Kind zur Welt - einen Sohn !
Die Geburt dauerte 3 Stunden und Marie Antoinette wich ihrer Schwägerin nicht von der Seite. Der gesunde Junge erhielt den Titel Duc d'Angoulême.
Auf dem Weg zurück in ihre Gemächer musste die Königin den Gardesaal durchqueren und wurde dort von schimpfenden Marktfrauen empfangen, die sich schon seit jeher das Recht herausnahmen, den Königen und Königinnen wüste Beschimpfungen entgegen zu werfen.
Man grollte Marie Antoinette, die Frankreich bislang keine Nachkommen brachte.
Bereits im Dezember desselben Jahres verkündete man die erneute Schwangerschaft der Comtesse d'Artois.
Als Anfang Juni 1776 bei Hofe eine große Masern-Epidemie ausbrach, bangte man um das Wohl der hochschwangeren Comtesse.
Ihr Ehemann, der Comte d'Artois, erkrankte schwer, ebenso Mme Elisabeth und bald darauf auch Monsieur, der Comte de Provence.
Während das Königspaar aus Sicherheitsgründen kurzfristig nach Marly umzog, musste die Comtesse d'Artois in ihrem Zustand bei ihrem Gatten zurückbleiben. Marie Antoinette gestattete daher dem kleinen Sohn der Comtesse, nach Trianon ausweichen zu dürfen, um ihn vor einer Masern-Ansteckung zu schützen.
Auch die Princesse de Lamballe, die sich gerade in Plombières zu einer Bäderkur aufhielt, entging den Masern nicht.
Glücklicherweise erholten sich alle Betroffenen wieder und am 05.08.1776 brachte die Comtesse d'Artois ein gesundes Mädchen zur Welt.
Marie Antoinette verbrachte jede freie Minute bei ihrer Schwägerin und den beiden kleinen Kindern.
Die Königin liebte Kinder über alles und ihr eigener Kinderwunsch wuchs ins Unermessliche.
Als die Königin am 12.08.1776, nicht weit von Versailles, eine Spazierfahrt durch einen Weiler bei Saint-Michel unternahm, begegnete sie einer alten Bäuerin, die von mehreren Kindern umringt war.
Sie erfuhr, dass dies die Enkel der Bäuerin waren, die sie aufzog, da die Eltern der Kinder vor kurzem verstorben waren.
Kurzum schenkte Marie Antoinette der alten Frau ein paar Louis d'Ors und bot ihr an, das jüngste Kind - Jacques - zu adoptieren. Die Bäuerin akzeptierte sofort und so nahm die Königin den Jungen mit.
Der drei-jährige Jacques, den die Königin fortan Armand nannte, wehrte sich zu Beginn heftig, da er zu seinen Geschwistern Marianne und Louis zurück wollte.
(» siehe Thema Adoptivkinder)
Das Zusammenkommen Antoinettes mit dem König, gestaltete sich seit der Thronbesteigung schwer.
Während Louis einem geregelten Tagesablauf folgte, tagsüber arbeitete und nachts schlief, gestaltete sich das Leben der Königin nahezu gegensätzlich: durch die vielen Feste und Bälle blieb sie meist bis morgens wach, wenn der König seine Arbeit begann, und ruhte dann tagsüber.
Comte de Mercy und Abbé de Vermond missbilligten diese Trennung der beiden sehr und warnten Marie Antoinette vor dem zu großen Einfluss der Clique um Mme de Polignac und Mme de Guémené.
Auch stellten sie fest, dass weit weniger Besucher nach Versailles kämen, als noch zu Beginn. Dies war nicht verwunderlich, da man kaum wusste, wann die Königin wo anzutreffen war.
Immer mehr fiel Marie Antoinette in den Bann der Clique um Madame de Guémené. Wenn man die bösen Zungen bei Hofe bedenkt, die Intrigen, die überall lauerten und die Einsamkeit, die die Königin zermürbte, verwundert es eigentlich nicht, dass sie sich den wenigen Menschen hingab, die ihr zuhörten, bei denen sie sie selbst sein konnte...
Um dem Hofleben neuen Esprit zu verleihen, gelang es der Königin am 30.11.1776, ihrem Gemahl die Erlaubnis zu einem Glücksspiel abzubetteln. Der erst skeptische König - Glücksspiele waren verboten ! - lenkte schließlich ein und erlaubte eine einzige Spielsitzung.
Hier ließ die Königin ihre Hinterlist spielen und veranstaltete mit ihren Freunden einen 36 Stunden andauernden Glücksspiel-Marathon.
Der König konnte seiner Frau nicht einmal böse sein, da sie alle seine Vorgaben einhielt, wenngleich die "eine" gestattete Sitzung ganze drei Tage andauerte.
Der recht ausschweifende Lebenswandel Marie Antoinettes ließen sie im Januar 1777 selbst erschrecken, als sie feststellte, dass sie Schulden von 487.272 Livres angehäuft hatte, ohne es zu bemerken. Hübscher Schmuck hier, die neueste Mode da und auch das Glücksspiel waren die Ursachen.
Natürlich wirft man der Königin diese Verschwendungssucht damals wie heute gern vor. Allerdings übersieht man dabei, dass Marie Antoinette ihre Schulden bald darauf beglich - teils aus dem Verkauf einiger Diamanten und größtenteils mithilfe der Unterstützung ihres Mannes, der dabei jedoch nur sein Privatvermögen, nicht die Finanzen Frankreichs, belastete.
Die Bevorzugung ihrer kleinen Gesellschaft, der Marie Antoinettes ganze Aufmerksamkeit gehörte, verärgerte allmählich den ganzen Hof. Comte de Mercy warnte die Königin jedoch mittlerweile vergeblich...
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