2 Zeitungsberichte

Berichte
deutscher Zeitungen

(u.a. zeitgenössisch)



Augspurgische Ordinari Postzeitung vom 23.04.1793

Paris, den 14. April
Der Erzherzog von Orleans, oder Egalite, zeigte sich bey seiner Gefangennehmung und bey seiner Abführung aus Paris nach Marseille als eine feige Memme, er weinte. [...]
In Bretagne geht es fürchterlich zu: die Sansculotten bringen alle Aufrührer, Adeliche, Bischöffe, Geistliche ohne Gnade um, deren sie habhaft werden können, diese üben aber an jenen das Wiedervergeltungsrecht aus; und so frißt dieser Bürgerkrieg täglich eine Menge Menschen. - Am 12. wurden hier 20 Ehen geschlossen und 10 Ehescheidungen gemacht, so geht es beynahe alle Tage fort und unser Paris ist ein wahres Babylon.



Augspurgische Ordinari Postzeitung vom 29.10.1793

Paris, den 18. Oct.
Das Verhör über die Königin hatte am 14. Montag früh ... angefangen. [...] Einer der Vertheidiger gab an: die Königin habe ihn einmal bey dem Herausgehen aus dem Verhör gefragt: "Habe ich nicht mit allzu vieler Würde geantwortet? Denn ich bemerkte, daß eine Frau sagte: sehet wie diese so sicher ist." - In diesem Verhör hatte sie auf jede Frage geantwortet, z.B. Wer sind Sie? - "Ich bin Antonie Prinzessin von Oesterreich, Wittwe König Ludwigs 16." - Wie alt sind Sie? - "38 Jahre". - Der Priester, der sie zum Tod begleitete, war weltlich gekleidet. Sie trug ein schwarzes Kleid. Ihr Haupt fiel um ein Viertel Uhr nach Zwölfe Mittags.



Freiburger Zeitung vom 23.10.1793

Antoinette hat ausgelitten!
Könnt' ich ihn doch schildern, den Todesengel so reizend und angenehm, wie die griechischen Dichter und Bildner ihn malen -- wie er da steht als ein Jüngling mit ernster Miene zwar, aber mit Trost im Auge, und einem Lächeln um den Mund, unnachahmlich der irrdischen Freude; bekränzt seine faltenlose Stirne halb mit Lorbeer und halb mit Cypresse; seine Linke gestützt auf die erloschene Lebensfackel. So erschien er am 16ten Oktober nach 11 Uhr Vormittags, unsichtbar den unheiligen Blicken der Pariser, und geleitete an seiner Rechten von dem Schaffote zum Throne des Ewigen -- Marie Antoniette von Lothringen-Oesterreich, Königinn von Frankreich, des unglücklichen Ludwigs unglückliche Gattin.
Antoinette ist unter der Guilloutine gestorben, groß und erhaben, wie sie lebte und litt. Schwarz gekleidet, trat sie daher; Paris stand unter den Waffen; im Hinschreiten auf die Mordbühne zweifelten einige, ob sie die Königinn wirklich sey; und während, daß ihr die Hände gebunden, ihre Haare abgeschnitten, und die traurigen Vorbereitungen der Hinrichtung geschahen, sah sie mit ruhigem Blicke auf das Volk, und sagte: Ja, ich bin eure ehemalige Königinn; bin am Ende meiner Leiden; und werde hintreten vor meinen und euren Richter, vor Gott -- und vereint mit meinem Gemahle, eurem Könige, hinflehen zum Allgütigen, daß er eure Sünden euch vergebe.



Freiburger Zeitung vom 26.10.1793

Frankreich
Öffentliche Anklage gegen Marie Antoinette.

1) Daß sie im Einverständnis mit den Brüdern Ludwigs und dem ehrlosen Calonne, die Finanzen Frankreichs verschwendet, nicht zu berechnende Summen ins Ausland geschickt, und so den Nationalschatz erschöpft,
2) Daß sie sowohl für sich, als durch ihre Agenten mit den Feinden der Republik Verständnisse und Korrespondenzen unterhalten, und eben diesen die Feldzugs- und Angriffspläne zugehen lassen,
3) Daß sie Verschwörungen und Komplote gegen die innere und äußere Sicherheit Frankreichs angesponnen, zu diesem Ende den bürgerlichen Krieg angefacht, einen Bürger gegen den anderen bewaffnet, und so die Vergießung des Bluts von unzähligen Bürgern veranlaßt habe --
Welches alles nun gegen den 4ten Artikel, 1ster Abtheilung, 1sten Titels des 2ten Theils des (...) Gesetzbuches, und gegen den 2ten Artikel, 2ter Abtheilung, 1sten Titels ebendesselben laufe. Dem zufolge ersucht der öffentliche Ankläger das das versammelte Tribunal, ihm den Anklageakt förmlich zugeben zu lassen; sodann den Befehl zu ertheilen, daß zur Sachenbeforderung Marie Antoinette, Sogenannte von Lothringen-Oesterreich, Wittwe Ludwigs Capet, gegenwärtig in Verwahrung der Conciergerie du Palais, durch einen Aufwärter des Tribunals, in die Register besagten Hauses als Justizgefangene eingeschrieben; und gegenwärtige Vorladung der Municipalität von Paris und der Angeklagten vorgelegt werden soll.
Die Königinn erschien am 14ten um 9 Uhr Morgens vor dem Tribunal. Das Verhör währte 2 Tage. Den 16ten frühe wurde 4 Urtheil gefällt.
Nach erwiesenen (?) Verbrechen, lautet das Urtheil, verurtheilt das ausserordentliche Tribunal Marie Antoinette von Lothringen-Oesterreich zur Strafe des Todes; erklärt, daß ihre etwanigen Güter für die Republik eingezogen werden sollen, und befiehlt, daß gegenwärtiges Urtheil durch Beförderung des öffentlichen Anklägers auf dem Revolutionsplatze vollführt, gelesen, gedruckt und in der ganzen Republik angeschlagen werden soll.
Das Haupt der gemordeten Königinn wurde von den vier Ecken des schrecklichen Gerüstes dem Volke gezeigt.
Die Königinn hatte zwey officielle Vertheidiger, Troncon de Coudray und Chauveau de la Garde. Troncon erhielt von ihr zwey goldne Fäßchen und eine Haarlocke, mit dem Auftrage, dieses einer Frau Riarry, zu [Livry] bey der Wittwe Laborde zuzuschicken.

Der Frankreicher höchste Stufe der Bosheit.
Nachdem sie ihren König und ihre Königinn auf die grausamste Art öffentlich hingerichtet haben, und noch nicht entschlossen sind, ob die Guillotine nicht auch noch gegen die Gefangenen im Temple wüthen soll, lassen sie einstweilen den Sohn Ludwigs durch seinen Erzieher, Meister Pfrieme, sonst Simon genannt, an Leib und Seele verderben. Der königliche Knabe wird in gewissen Manipulationen unterrichtet, gegen die auch die wildesten Nationen und selbst die Natur, die größten Strafen gesetzt haben.



Augspurgische Ordinari Postzeitung vom 30.10.1793

Paris, den 16. Oct.
Die Greulthat ist begangen. - Die Menschheit beleidigt worden. Die Tochter Marien Theresiens, die geliebte Marie Antoinette, Königin von Frankreich, in deren Sonnenschein ehemals der Franzoß lebte und webte, sank von ihrer glänzenden glücklichen Höhe in die Klauen rasender Ungeheuer. Gestern Abend wurde sie zum Schein noch einmal verhört, und dann zum Thode verurtheilt. Heute Morgen ist sie hingerichtet worden.



Augspurgische Ordinari Postzeitung vom 26.12.1793

Paris, den 12. Dec.
Der Zulauf der Menschen war ungeheuer. Während ihres Processes wurde der Dubarry öfters nicht wohl, und sie musste sich der Riechwasser bedienen. Auf dem Wagen, auf welchem sie zum Richtplatz gefahren wurde, war sie so schwach, daß der Scharfrichter sie beständig halten musste. Sie war ziemlich fleischig geworden, das Gesicht ein wenig kupferig, aber man sah noch die Spuren der Schönheit. Als das Brett hervorgezogen wurde, schien sie einen Augenblick aus ihrer langen Ohnmacht zu kommen, und sie bat um Gnade, und stieß einen durchdringenden Schrey aus. Die holländische Familie Handernyver zeigte mehr Standhaftigkeit, der jüngste dieser Brüder war vor den Richtern ganz wütend und schimpfte sie.



Freiburger Zeitung vom 21.05.1794

Elisabeth, des seligen Königs Schwester, ist auf Befehl des Robespierre öffentlich durch die Guillotine hingerichtet worden.



Freiburger Zeitung vom 24.05.1794

Elisabeth.
Am 10ten dieses Monates verblutete des sel. Ludwig's XVI. Schwester, Elisabeth, ihr tugendhafte, reines, und martervolles Leben...
So sehr das Volk in der Lasterstadt Paris schon eine geraume Zeit gewöhnt ist, nur an Verbrechen und Lastern sein Wohlgefallen zu finden, und sich mit dem Glauben an die Gottheit auch die Liebe zur Tugend entreißen zu lassen; so blieb doch diese erhabene Dame, mitten unter dem Gewühl der tobendsten, und rasendsten Auftritte, für das Volk ein Gegenstand der Verehrung, der Anhänglichkeit, und der Liebe. Dieß wußten die Tyrannen - - um nun das Volk, dem sie Freyheit logen, auch von dieser Seite zu quälen, und ihm alles zu entziehen, woran es mit Wohlgefallen sich erinnern könnte; mordeten sie auch die Königsschwester... Gewöhnt zwar an die Blutscenen, staunte das Volk dennoch, wie man über einen Blitz staunt, der vom heitern Himmel fährt, über den Tod seiner geliebten Elisabeth, und seufzte...
Die heilige Dulderinn fiel -- ohne vorhergegangene Untersuchung, ohne Gericht; denn das Verbrechen, dessen man sie bezüchtigte, war zu groß, und zu offenbar, um erst noch gerichtlicher Formalitäten zu bedörfen. Man beschuldigte sie eines frevelhaften Umganges mit dem Geistes Ludwigs des Enthaupteten... Ob fromme Schwärmeren oder Bosheit das Gerede verbreitete, als sähe man täglich im Tempelgebäude das Bild des seligen Ludwigs, ist unbekannt. Das Volk gewann das Gerede lieb, sah hinauf; die Liebe zu seinem ermordeten, und in jedem Betrachte, wenn nicht großen, doch guten König, ein Blick in die schwarze Zukunft, und die Einbildungskraft liehen jenem Gerede Farben und Gestalt. Das Volk, daß seinen guten König sehen wollte, sah ihn auch; rief mit Frohlocken: es lebe Ludwig, der Martyrer! - - Also hat Elisabeth Umgang mit dem Geiste des Königs? Schrien die Volksbedrücker, erbosten darob - und mordeten seine Schwester. - -



Augspurgische Ordinari Postzeitung vom 15.10.1794

Paris, den 2. Oct.
Die Wittwe des guillotinierten Exherzogs von Orleans, abscheulichen Angedenkens, ist zum Erstaunen von ganz Paris aus ihrem Gefängnis, worinnen sie schon mehrere Jahre saß, vom Revolutionsgericht entlassen worden. Dieses Gericht verfährt seit dem Sturz des Tyrannen Robespierre sehr menschlich, viele hundert Personen werden losgelassen und nur wenige hingerichtet.



Freiburger Zeitung vom 17.06.1795

Basel.
Der Sohn Ludwigs XVI., der schon lange an Geist und Körper kränkelte, soll den 8ten dieses Monats gestorben seyn.

Lyon, vom 3ten Juny.
Den 31sten im May mußte Boiffet, der so eifrig auf den Tod Ludwigs XVI. gestimmt hatte, folgenem Liedchen, das auf dem Theater abgesungen ward, wiederholt den lautesten Beyfall zurufen:

Frankenvolk! bey dem Geschick
der Noth im Vaterlande
bleibt steif und kalt dein träger Blick;
dein Mund küßt Sklavenhande!
Du siehst, da Dolche blinken,
da deine Brüder sinken,
bey abgezehrtem Leib -- in Ruh
dem Greuel der Verwüstung zu!

Sieh hin! verbrannter Städte Glut
verzehrt in Flammenwellen
das Land; gesunkner Brüder Blut
entströmt in vollen Quellen!
Sieh hin! und faß dich wieder!
Stoß die Tyrannen nieder:
das Diadem voll Blut und Staub
sey nicht mehr des Conventes Raub!

Ein Gott nur schuf die ganze Welt;
nur Einer Sonne Strahlen
beleuchten sie; Ein Wink erhält
des Gleichgewichtes Schaalen.
Es giebt nur Eine Seele
dem Leibe die Befehle;
so sehe dann auf Einem Thron
des Bourbon's junger Königssohn!



Augspurgische Ordinari Postzeitung vom 22.06.1795

Paris, den 11. Jun.
Vorgestern trug Sevestre im Namen des Polizei Comite der National-Konvention vor: Seit einiger Zeit litt der Sohn unseres letzten Königes an einer Geschwulst am rechten Knie und an der linken Hand. Am 4. May vermehrten sich die Schmerzen: Der Kranke verlor den Appetit, und ein Fieber stellte sich ein. Der weltberühmte Arzt Dessaux wurde ernannt, den Kranken zu besuchen. ... Seine Geschicklichkeit und Rechtschaffenheit bürgten uns, daß Nichts, was man der Menschlichkeit schuldig ist, dem Kranken abgehen würde. Inzwischen äusserten sich bey der Krankheit verschiedene bedenkliche Umstände. ... Um 2 ¼ Uhr Nachmittag [am 8. Juni] erhielt das Comite den Bericht, daß der Sohn König Ludwigs XVI. gestorben sey.



Freiburger Zeitung vom 01.07.1795

Frankreich.
Noch kennt man die Wirkung nicht, welche der Tod Ludwigs XVII. auf die Stimmung der Königsfreunde in der Vendee machte. Nur dieses weiß man, dass beynahe jeder Tag mit blutigen Gefechten bezeichnet ist, deren Erfolg der Nationalkonvent weislich als Geheimniß bewahrt. Auch zu Dieppe, in der Normandie, entstanden im Beginne des Junius furchtbare Gährungen, deren Quelle in dem äussersten Mangel an den ersten Lebensbedürfnissen lag. Zu tausend, von der schrecklichsten Wuth begeistert, stürmten Weiber und Männer durch die Straßen, schrien: Es lebe der König! Zum Teufel mit der Republick und dem Nationalkonvent! traten die Nationalkokarde mit Füßen und drohten, die ganze Municipalität zu ermorden.
(...)



Freiburger Zeitung vom 04.07.1795

(...)
Den 11ten Juny wurde der Leichnam des Sohns des Ludwig XVI. in einem hölzernen Sarge, auf dem Margarethenkirchhofe beygesetzt. (...) Vor der Beerdigung wurde die Leiche in Anwesenheit von 4 Aerzten und anderen Personen secirt. Man fand, daß das Kind an den Folgen einer Unordnung der Drüsen gestorben war. Gehirn, Herz, Lunge, waren vollkommen (desgleichen Magen, Leber, Milz, Nieren, Harnblase, so zimlich) gesund; an der Luftröhre, auch zum Theil in den Eingeweiden fand man Knoten. Aus der Geschwulst am Knie und an der Hand; auch aus den Eingeweiden floß eine grauliche Materie, und bey der Sektion des Unterleibes brach ein eitriges, gelbliches stinkendes Wasser heraus.
Zur Beruhigung mancher Schwachen im In- und Auslande, haben seitdem einige muthwillige Spaßvögel, die Nachricht zu verbreiten gesucht: "da´Ludwig XVII. noch lebe, und im strengsten Incognito, vom Heilausschusse, vermöge eines geheimen Artikels im längsten Basler-Friedenstraktate, nach Spanien mit Extrapost gesendet, und bey dem Leichenbegräbnisse ein anderer Knabe genommen werden sey.



Freiburger Zeitung vom 08.07.1795

Frankreich.
Während der Nationalkonvent durch gebundene Flugblätter den Verdacht der geheimen Ermordung Ludwigs des Siebzehnten aus seinen Sündenregister austilgen läßt, tritt öffentlich ein mächtiger Zeuge gegen die Frevler auf. Es ist der Graf von Montgaillard, ein Mann von hoher unbestechbarer Wahrheitsliebe der in der Mitte des vorigen Jahres Frankreich verließ, und wichtige Beobachtungen über die Lage seines Vaterlandes bekannt machte. In einer feyerlichen Erklärung, aus Stuttgart vom 18 Junius datiert, sagt er: "Ludwig XVII. ist todt! Bisher schwieg ich über die Gefahren, die diesem erhabenen Kinde drohten, weil ich sie noch mehr zu vergrößern fürchtete. Aber jetzt ist es mir Pflicht, vor allen Frankreichern eine Thatsache zu enthüllen, deren Zeuge ich bin. Der Volksrepräsentant Sevestre befand sich am 3ten April 1794 in der Oper. Hier sprach er mit großer Selbstgenügsamkeit von der Barbaren mit welcher er die Königin in ihrem Kerker verhört habe, und endete mit der Rede, die ich nie zu vergessen verdammt bin: Die Königsfreunde schmeicheln sich vergebens, den Sohn Ludwigs XVI. auf dem Throne seines Vaters zu sehen. Allerdings schützt ihn sein Alter vor der Guillotine. Aber wir kennen andere Mittel, zu verhindern, daß er einst ein gefährlicher Bereinigungspunkt für seine Anhänger werde, und man wird sie gebrauchen, sobald es Zeit ist. Dafür stehe ich, daß er sein männliches Alter nicht erreichen wird." So sprach Sevestre, der nämliche Volksrepräsentant, der am 9 Juni dem Nationalkonvent den Tod des königlichen Kindes ankündete.



Freiburger Zeitung vom 11.07.1795

Antoinette'ns Tochter.
Die beßeren Menschen Frankreichs vereinigen sich immer enger, die erhabene Tochter Ludwigs des Sechszehnten aus dem Kerker zu retten. Wenige Tage nach dem Tode ihres unglücklichen Bruders erschien eine meisterhafte Denkschrift für sie, die schreckliche Thatsachen aus der Leidensgeschichte der beyden schuldlosen Königskinder enthüllt. Man hatte nach der Ermordung ihrer Mutter jedes derselben in ein abgesondertes enges Zimmer geworfen, welches nie geöffnet ward. Die Speisen schob man ihnen durch ein Loch in der Thüre zu. Niemand ordnete ihnen das Bette. Niemand reinigte den Kerker. Die Königstochter verrichtete dieses selbst, aber ihr Bruder hatte Alter und Geschicke nicht dazu. Kleiderlos war er sich selbst überlassen. Vor seiner Thür wachten zwey jener Ungeheuer in Menschenbildung, auf deren Fühllosigkeit und Barbaren der Gemeinderath sich verlassen konnte. Kaum endete sich der Tag, so musste der unglückliche Königssohn auf sein eckelhaftes Lager sich niederwerfen. Aber kaum war er eingeschlummert, so riefen ihm die Wächter mit donnernder Stimme zu: Wo bist du, Kapet? Und nun mußte das unglückliche Kind an der Oeffnung in der Thüre sich zeigen. Dieser barbarische Aufruf ward des Nachts vier- bis fünfmal wiederholt, weil man Versuche zur Rettung dieses Opfers der Revolution fürchtete.
Rührend, und herzvoll ist die Bittschrift, in welcher die Bürger von Orléans um die Freyheit der Königstochter warben. Hier ist sie in einer treuen Übersetzung:
Bürger Repräsentanten! Während ihr die Fesseln so vieler unglücklichen Opfer einer finsteren, grausamen Politik auflöset, schmachtet noch eine junge, jedes Trostes, jeder Hilfe beraubte, nur in ihren Thränen lebende Unglückliche, die Tochter Ludwigs des Sechszehnten im Schauer eines schrecklichen Kerkers und beweint, was ihr das Liebste war auf Erden. So jung noch und schon Waise, schon vertraut mit allem, was das Leben Bitteres und Schreckliches hat, hat sie für das Unglück ihrer erhabenen Geburt schrecklich gebüßt. Ach! Wer sollte durch so viele Leiden, durch so vieles Unglück, durch diese Unschuld, diese Jugend nicht zum Mitleid erwärmt werden. Jetzt, wo man den Dolch der Meuchelmörder und das Schwerdt der Henker nicht mehr fürchten muß, jetzt darf endlich die Stimme der Menschheit für sie sich erheben, und bitten, daß man aus ihrem Kerker sie befreye, und ihren Verwandten übergebe. Denn wer von euch möge sie verurtheilen, länger an einem Orte zu wohnen, an welchem noch das rauchende Blut ihrer Familie klebt. Fordern nicht Gerechtigkeit und Menschlichkeit ihre Befreyung ? Und was könnte das verdachtreichste, unruhigste Mißtrauen dagegen einwenden. Kommt also, Franken von Gefühl, kommt also alle, die ihr dieser unglücklichen Familie Wohltaten danket, schließet einen geweihten Kreis um den Kerker. Vereiniget Euere Bitten, Euere Thränen mit den unseren. Hebet mit uns Euere bittenden Hände empor und flehet um die Freyheit der leidenden Unschuld. Man wird unsere Stimmen hören, und Ihr Repräsentanten des Volkes, Ihr werdet unsere Bitten erfüllen. Europa wird euch lohnen mit Beyfall und der Tag der Rettung wird ein Tag des Jubels und der Freude seyn für ganz Frankreich!"
Schon sagt man, die erhabene Unglückliche werde während den Unterhandlungen mit Spanien in ein Landhaus übergesetzt werden. Auch hat man ihr bereits im Tempelthurme eine mindere kerkerähnliche Wohnung und zwey Mädchen zu Gesellschafterinn gegeben.



Freiburger Zeitung vom 15.07.1795

Der Graf von Provence hat auf das ihm zugeschickte Schreiben des Prinzen von Condé mit Folgendem geantwortet:
"Mein Vetter! Ich bin gerührt, wie es meine Schuldigkeit ist, über die Empfindungen, die Sie mir wegen des unersetzlichen Verlustes, den ich in der Person des Königs, meines Herrn und Neffen, erlitt, bezeugen. Kann etwas meinen gerechten und tiefen Schmerz lindern, so ist es dies, daß ich diejenigen, die mir aus so vielen Gründen theuer sind, Antheil daran nehmen sehe. Frankreich verliert einen König, dessen glückliche Anlagen, deren Entwicklung ich von seiner zartesten Jugend an gesehen hatte, zeigten, daß er ein würdiger Nachfolger des besten Königs werden sollte. Es bleibt mir nichts übrig, als die göttliche Vorsehung um Beystand anzuflehen, daß sie mich würdig mache, meine Unterthanen für ein so großes Unglück schadlos zu halten. Ihre Liebe ist der erste Gegenstand meiner Wünsche, und ich hoffe, es werde ein Tag kommen, wo ich, wenn ich wie Heinrich IV. mein Königreich wieder erobert habe, wie Ludwig XII. den Titel eines Vaters meines Volks werde verdienen können.
Sagen Sie den braven Edelleuten, den getreuen Truppen, deren Kommando ich ihnen anvertraut habe, daß die Ergebenheit, welche sie mir durch Sie ausdrücken, schon für mich die Morgenröthe dieses schönen Tages sey, und daß ich vorzüglich auf Sie und auf dieselben rechne, um sie ganz anbrechen zu lassen.
Ich erneuere Ihnen mit Vergnügen die Versicherung aller der Gesinnungen, mit denen ich bin mein Vetter, Ihr ergebener Vetter.
Verona, den 25sten Juny 1795.
(Unterzeichnet)                                Ludwig."



Freiburger Zeitung vom 18.07.1795

(...)
Unsere öffentliche Blätter sagen jetzt, daß der Heilsausschuß nicht mit dem spanischen, sondern mit dem Wienerhofe wegen Auslieferung der Tochter Ludwigs XVI. unterhandle. Man versichert, er habe dem Kaiser den Antrag machen lassen, selbe mit allen Individuen der Familie Bourbon, welche den franz. Boden verlassen wollen, ihm zu überschicken, wenn man dafür die 4 Deputirte, den Minister Bournonville und die Ambassadeurs Semonville und Maret ausliefern wollte. --



Freiburger Zeitung vom 22.07.1795

Frankfurt.
Nicht unangenehm wird es unsern Lesern seyn, eine allgemeine Uebersicht des Aufenthaltes der so sehr zerstreuten Familie des unglücklichen Königs Ludwigs XVI. zu erhalten.
Seine Tochter Marie Theresia ist im Tempelthurm zu Paris.
Sein älterer Bruder, zu Verona in Italien; dessen Gemahlin, eine Tochter des Königs von Sardinien, bey ihrem Vater zu Turin.
Sein jüngerer Bruder, Graf d'Artois nebst seinem 20jährigen ältesten Sohn im Oldenburgischen; dessen Gemahlinn, ebenfalls eine Tochter des Königs von Sardinien, zu Turin; und sein 2ter Sohn, 17 Jahre alt, zu Mühlheim im Breisgau; seine Schwester, die Kronprinzessin von Sardinien, zu Turin.
Seine beyde Tanten, Marie Adelheid und Louise zu Rom.
Die Herzogin von Orléans zu Paris; ihr ältester Sohn in der Schweiz; die 2 jüngsten zu Marseille, im Fort  St. Jean; die Tochter zu Freyburg in der Schweiz.
Prinz von Condé, sein Sohn und Enkel zu Mühlheim im Breisgau; seine Schwiegertochter zu Marseille, und seine Tochter zu Freyburg in der Schweiz.
Prinz von Conty zu Marseille, und seine Gemahlin in Paris.



netzeitung.de vom 08.06.2004

"Herz von Ludwig XVII. in Frankreich beigesetzt"



Vogue, 09/2006

Kirsten Dunst als Marie Antoinette ziert das Titelbild der
Vogue, September 2006



Berliner Morgenpost vom 17.07.2008

"Nach 215 Jahren für Hinrichtung entschuldigt"

 


 


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