Kapitel 1.2
Ein Porträt für Frankreich
Der erfreute und ungeduldige französische König Louis XV (1710-1774) beauftragte den Maler Joseph Ducreux, ein Porträt der zukünftigen Thronfolgerin zu fertigen. Ducreux begann sein Werk am 18. Februar 1769 und schließlich trat das Porträt Maria Antonias seinen Weg nach Versailles an und begeisterte dort im April 1770 den französischen Königshof:
König Louis XV von Frankreich präsentiert seinem Enkel, Louis-Auguste,
im April 1770 das Portrait (von Ducreux) der Erzherzogin Maria Antonia.
Ebenfalls anwesend sind die Medames, die Grafen von Provence und von
von Artois sowie Madame Clotilde und die kleine Madame Elisabeth
(1770, Jean-Baptiste-André Gautier d'Agoty)
Doch um welches Porträt handelte es sich dabei ?
Um genau zu sein: es waren eigentlich ZWEI Porträts:
Ducreux fertigte zuerst das nachfolgende Porträt der Erzherzogin Maria Antonia an:
(1769, Joseph Ducreux)
Maria Theresia stufte dieses hübsche Werk jedoch als "nicht passend" ein, da die Erzherzogin darauf zu jung wirkte. Man wollte Frankreich schließlich nicht die Jugend der 14-jährigen, zukünftigen Thronfolgerin vermitteln, sondern beweisen, dass hier eine erwachsene, gebärfähige Frau aus Österreich anreist.
Also fertigte Ducreux ein zweites Porträt an, auf welchem Maria Antonia erwachsen genug wirkte.
Porträt für Louis XV (Joseph Ducreux, Wien 1769)
Im Juni 1769 ersuchte der König schriftlich bei Maria Theresia um die Hand der Erzherzogin Maria Antonia für seinen Enkel Louis-Auguste.
Der Marquis du Durfort regelte am 01.07.1769 in einer langen Verhandlung mit Fürst von Kaunitz die Heiratsangelegenheiten. Diverse Vertragsänderungen folgten beiderseits und am 13.01.1770 sandte der Wiener Hof den abschließenden Ehevertrag nach Versailles.
Die Vorbereitungen für die Reise nach Frankreich sowie die Planung für die großen Hochzeitsfeierlichkeiten waren zu diesem Zeitpunkt längst im Gange. Bereits im Oktober 1769 hatte Wien die geplante Reiseroute des Brautzugs kontrollieren lassen, sämtliche Städte, die der Durchreise oder dem Zwischenstopp Maria Antonias dienten, wurden über das bevorstehende Großereignis informiert.
Im März 1770 bereiteten 500 Arbeiter im Belvedere den Festsaal für das Hochzeitsmahl und den anschließenden Ball vor.
Am 16.04.1770 (Ostermontag) erfolgte die offizielle Brautwerbung durch den Marquis du Durfort, dem Gesandten des französischen Königs:
Um 18:00 Uhr wurde der Marquis in Gala vom Kaiserpaar empfangen. Nach der Zusage der Brautwerbung durch den Kaiser, überreichte man Maria Antonia einen Brief des Dauphins sowie ein Portät desselben. Die Gräfin Trautmannsdorf, Oberhofmeisterin des Hauses, heftete Maria Antonia das Bild des Dauphins an die Brust.
Anschließend begab sich die Gesellschaft zum Theatersaal, wo man den Aufführungen von La mère confidente von Mariveaux und Les bergers de Tempé von Noverre beiwohnte.
Tags darauf, am 17.04.1770, verzichtete Maria Antonia im Ratssaal per "Renunziationseid" feierlich auf ihre formale österreichische Erbfolge. Am Abend desselben Tages gab die Kaiserin im Schloß Belvedere ein großes Fest. Es folgten tagelange Feierlichkeiten, die bis zum 26. April, dem Tag der großen Abreise, andauern sollten. Am 18.04.1770 lud der Marquis du Durfort zu Ehren Maria Antonias, seiner zukünftigen Königin, zu einem Fest in das Palais Liechtenstein ein.
Die Hochzeit selbst fand am 19.04.1770 per procurationem in der Augustinerkirche in Wien statt. Antonias Bruder, Erzherzog Ferdinand von Österreich, vertrat dabei den abwesenden Dauphin.
Trotz der vielen Feierlichkeiten anlässlich des Abschieds ihrer Tochter, trübte eine unheilvolle Vorahnung die Stimmung der Kaiserin Maria Theresia.
Ein gewisser Doktor Gassner, von dem es heißt, er könne die Zukunft vorhersagen, hatte der besorgten Mutter eine schwere Zukunft für die Tochter vorausgesagt:
"Jede Schulter hat ihr Kreuz zu tragen," ließ er verlauten. Die Worte kamen nur zögerlich über seine Lippen und erst Maria Theresias forsches Bitten, sie auszusprechen, brachten Gassner dazu. Er hätte ihr diese Sorge offenbar gern erspart und wollte schweigen.
Maria Antonia, die bislang eher unbedarft an ihre Zukunft dachte, meinte nun, da ihre Abreise bevorstand, zu Vermond: "Ich glaube, ich sollte viel mehr Zeit haben, um mit Ihnen über all das zu sprechen, was mir jetzt durch den Kopf geht." Trotz all der Ablenkung der vergangenen Wochen, trotz all der Feste und Eindrücke, bekannte sich die junge Prinzessin zu ihrer Hilflosigkeit.
Maria Theresia ließ in der letzten Nacht vor Antonias Abreise deren Bett in das kaiserliche Schlafgemach bringen - sie wollte ihrer Tochter in den letzten gemeinsamen Stunden nahe sein und ihr nocheinmal ins Gewissen reden, sich um die Sympathien der Franzosen zu bemühen.
Das unbeschwerte Mädchen verstand jedoch nicht, warum die letzten persönlichen Worte der Mutter derart streng ausfielen. Was sollte schon Schlimmes geschehen ? Schließlich sie würde einmal die Königin des schönsten Landes Europas werden...
«Tue den Franzosen so viel Gutes, dass sie sagen
können, ich hätte ihnen einen Engel geschickt.»
Maria Theresias Rat an Marie Antoinette
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